DUO Dr. Michael Weyde / Andreas Winkelmann: Alles zu § 142 StGB aus rechtlicher und technischer Sicht (5 Zeitstunden)
Referenten: zum technischen Teil: Dr. Michael Weyde, Diplom-Ingenieur (FH), von der IHK Berlin öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle, Auswertung von Unfalldatenspeichern, sowie Schäden und Bewertung von Kraftfahrzeugen, Lehrbeauftragter an der HTW Dresden; zum rechtlichen Teil: Andreas Winkelmann, Erster Oberamtsanwalt, Amtsanwaltschaft Berlin und Dozent für Straßenverkehrsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht/Berlin
Mit der Einführung der neuen §§ 315 d – f hat der Gesetzgeber nicht nur neue Straftatbestände definiert, sondern auch die Rechtsfolgen für die Täter geändert. Diese können erheblich sein, so dass im Verkehrsrecht tätige Rechtsanwälte wissen sollten, wie die Mandanten gegen den Vorwurf, ein Rennen gefahren zu haben, optimal verteidigen können. Hierzu gehört nicht nur das rechtliche Wissen, sondern auch die technischen Möglichkeiten, mit denen das Fahr- bzw. Renn-Verhalten rekonstruiert werden kann. Zwar stehen hierzu Daten in modernen Fahrzeugen zur Verfügung, aber auch diese können Toleranzen aufweisen. Die technischen und rechtlichen Grundlagen werden in dem interdisziplinären Seminar von einem Juristen und einem technischen Sachverständigen vermittelt und anhand einer Vielzahl an konkreten Fallbespielen erörtert, wo bei auch die Grenzen der Beweisführung erläutert werden. Ferner werden die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen der Einziehung von Fahrzeugen im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugrennen dargestellt. Neben den strafrechtlichen Komponenten wird in diesem LIVE ONLINE Seminar auch auf die zivilrechtlichen Folgen einer „Unfallflucht“ eingegangen, denn immer mehr Regressverfahren werden sowohl von den Haftplicht- als auch Rechtsschutzversicherungen angestrebt, wenn der Mandant sich unerlaubt vom Unfallort entfernt haben soll.
Zum technischen Teil (Dr. Weyde):
Messgeräte zur Feststellung der Geschwindigkeit sind nicht geeignet, die Raser-Absicht zu erkennen, weil es eben nicht allein auf die Höhe der Geschwindigkeit, sondern die Absicht, eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Daten in Fahrzeugen können hier Aufklärung liefern:
• Was ist überhaupt Geschwindigkeit und wie wird sie gemessen
• Welche Daten sind in heutigen Fahrzeugen vorhanden
• Was ist bei der Auswertung von Fahrdaten zu berücksichtigen
• Welche Fehler sind bei Video- und sonstigen Daten-Aufzeichnungen möglich
• Technische Interpretation von digitalen Fahrzeugdaten (Woran kann man aus technischer Sicht „Absicht“ erkennen?)
Zum rechtlichen Teil (Winkelmann):
Fast täglich wird in den Medien über Kraftfahrzeugrennen - oft auch mit gravierenden Folgen – berichtet. Allein in Berlin sind beiden Strafverfolgungsbehörden bislang mehr als 5000 Ermittlungsverfahren nach § 315d StGB anhängig geworden. „Katalysator“ im Gesetzgebungsverfahren war der spektakuläre Fall der „KuDamm-Raser“, der aufgrund der Anklageerhebung wegen Mordes Rechtgeschichte geschrieben hat und im rechtlichen Teil aufgegriffen wird.
Flankiert von Beispielsfällen und Videos aus der Praxis werden erörtert:
• Begriff des Kraftfahrzeugrennens (BGH: Urteil vom 11.11.21 - 4 StR 511/20 -)
• Tathandlungen (Ausrichten, Durchführung, Teilnahme und „Alleinraser“)
• Abgrenzung der „Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen von gravierenden Geschwindigkeitsübertretungen („Geschwindigkeitsgrenzbereich“)
• „Polizeiflucht“ als Kraftfahrzeugrennen
• „Zurechnung“ konkreter Gefährdungssituationen bei Teilnahme am Rennen
• „Forensische“ Erstauswertungen (Videos, Geschwindigkeitsgrenzberechnungen) durch den interessierten Juristen
• Interpretation von digitalen Fahrzeugdaten
• Einziehung von Kraftfahrzeugen (ggf. unter Vorbehalt nach § 74 f Abs. 1, Satz 3 StGB)
• Datenschutz bezüglich personenbezogener digitaler Fahrdaten und Grenzen im Strafverfahren
• Möglichkeiten und Grenzen der Beschlagnahme von Kfz
Es werden Möglichkeiten der wirksamen Verteidigung aufgezeigt. Der Vortrag wird flankiert von einer Vielzahl von Einzelfällen und Videos aus der Praxis abgeschlossener Verfahren, um die rechtlichen, technischen Möglichkeiten zur „Raserjagd“ einerseits und Verteidigungsansätze andererseits praktisch aufzuzeigen.