Dr. Jens Michel: Schwerbehindertenrechtliche Verfahrenstipps aus Richtersicht: Den besonderen Kündigungsschutz des SGB IX erstreiten und effektiv verteidigen!
Referent: Dr. Jens Michel, Richter am Sozialgericht Berlin
Die erstmalige Feststellung aber auch die Verteidigung einer bestehenden Schwerbehinderung – wie auch der Eingangsvoraussetzungen eines erfolgreichen Gleichstellungsantrags (GdB 30 oder 40) – ist aus kündigungsschutzrechtlicher Perspektive für den Mandanten ein besonders wertvoller Meilenstein.
Wie kann das Verfahren im Sinne des Mandanten also effektiv be- oder entschleunigt, die medizinische Sachverhaltsermittlung in die gewünschte Spur gebracht und eine für den Mandanten unvorteilhafte Gutachtenlage vermieden oder effektiv angegriffen werden? Der im versorgungsbehördlichen wie sozialgerichtlichen Verfahren herrschende Amtsermittlungsgrundsatz sollte hier jedoch allenfalls zu „situationsangepasster“ Passivität verführen.
Das Seminar gibt interessante Einblicke in die Sicht eines erstinstanzlichen Entscheiders und einen kompakten best-practice-Leitfaden für eine erfolgreiche anwaltliche Interessenvertretung gegenüber der Versorgungsbehörde und vor Sozialgerichten.
Wesentliche Inhalte:
• Einführung, Überblick und Grundlagen
o Entwicklung und Stand des Schwerbehindertenrechts
o Bausteine des besonderen Kündigungsschutzes des SGB IX
o Grundlagen: Behinderung und Grad der Behinderung
o Ablauf und Besonderheiten des sowie best practice der Interessensvertretung im behördlichen Anerkennungsverfahren(s)
o Be- und Entschleunigung des Verfahrens
• Typische Problemkreise aus der Sozialgerichtspraxis
o Fehlende fachärztliche Behandlung als Indiz fehlenden Leidensdrucks?
o Leidensbezogener Vortrag vs. Sozialanamnese: die „Kohärenzfalle“ erkennen!
o Spielräume und Grenzen bei der Bildung des Gesamt-GdB
o Ein willkommener „Beifang“ für Mandanten: Anerkennung von Merkzeichen
o Inhalt und Grenzen der Amtsermittlung durch das Gericht (§ 103 SGG), u.a.
o Mitwirkungslasten der klagenden Partei und Folgen deren Verletzung
o Oft kein Automatismus: Anspruch auf Gutachten nach Aktenlage?
o Verlust des Rechts zur Befragung des Sachverständigen vor Gericht?
o Recht auf Anwesenheit einer Begleitperson bei Begutachtung?
• Im Fokus: Das medizinische Sachverständigengutachten
o Praktische Bedeutung und Hintergründe
o Typische Angriffspunkte bei unvorteilhaftem Gutachtenergebnis
o Fehlerhafte Würdigung des Gutachtenergebnisses durch das Gericht
• Rechtsschutzfragen, insb.
o Besonderheiten des Eilrechtsschutzes im SB-Verfahren
o Gutachterkosten und Prozesskostenhilfe
o „Richtiger Zeitpunkt“ für ein § 109 SGG-Gutachten
o Die Besonderheiten der Abwehrsituation oder “Time is on my side”